Türchen Nr.16: Weihnachtsfrieden

Weihnachten verbinden wir automatisch mit friedlicher Stimmung, gemeinsamem Vor-dem-Kamin-Sitzen, Tee trinken und zur Besinnung kommen. Stress sollte vermieden werden und alles ist möglichst harmonisch. Das schrillende Telefon oder der hektische Nachbar, der unbedingt noch etwas Butter für seine zehnte Plätzchensorte braucht, erntet einen genervten Blick, weil er wagt, uns in unserer  Besinnlichkeit zu stören. Was oftmals bei dem Versuch, alles perfekt zu gestalten, vergessen wird, ist die Tatsache, dass anderswo auf der Welt die Situation anders aussieht, als bei uns. Die Menschen genau die gleichen Wünsche für die Weihnachtszeit haben, diese aber schlichtweg nicht realistisch sind. In vielen Gebieten herrscht Krieg oder Konflikte bestehen. Selbstverständlich fällt es schwer eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen, wenn Gewalt zum Tagesablauf gehört. In dieser Situation befanden sich auch die Soldaten im ersten Weltkrieg. Warum ein so verstaubtes Beispiel von einem Krieg, der  doch schon circa hundert Jahre her ist? Nun, weil sich dort zur Weihnachtszeit etwas Besonderes ereignete. Die Soldaten waren mit der Hoffnung, bis Weihnachten wieder zu Hause zu sein, an die Front gezogen. Diese Vorstellung verwirklichte sich nicht und so saßen sie an Heilig Abend frierend in ihren Schützengräben, die Feinde in der gleichen Position nur zwanzig Meter entfernt.



Es handelte  sich hauptsächlich um Briten und Deutsche, die sich bekämpften.
Doch an den Tagen rund um Weihnachten sollte es anders kommen. Von verschiedenen Personen an unterschiedlichen Orten wurde von einem Waffenstillstand rund um den 24. Dezember berichtet. Bei den einen wurden Geschenkpakete aufgeteilt, die aus der Heimat gesendet worden waren. Es soll Schokoladenkuchen, Christmaspudding und Bier geschenkt worden sein. Andere erzählten, nachdem auf der britischen Grabenseite ein Licht angegangen sei, hätten auch die Deutschen immer mehr Lichter angezündet und den Gegnern "Merry Christmas" zugerufen. Ein ebenfalls bekanntes Beispiel ist, wie die Soldaten gemeinsam Fußball spielten. Es wurde gesungen und gelacht. In einem Dorf in Frankreich nutzte man die Waffenruhe  dazu,  die Gefallenen zu begraben. Ein gemeinsamer Gottesdienst auf Englisch und Deutsch wurde abgehalten. Kleine Weihnachtsbäume wurden aufgestellt und man saß zusammen und tauschte alles, von Essen bis hin zu Uniformknöpfen.  
Beide Seiten waren froh um die Feuerpause und so ist es umso trauriger und paradoxer, dass nach den Weihnachtsfeiertagen die Kämpfe einfach wieder aufgenommen wurden und sich die Männer, die sich so gut verstanden hatten, in ihrem beiderseitigen Verdruss über das Leid im Krieg, aufs Neue beschossen. Denn selbstverständlich wollten die Offiziere eine dauerhafte Waffenruhe nicht akzeptieren , drohten Strafen an und so kam es schließlich, dass der erbitterte Krieg weiterging.
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Und doch ist es möglich, diesem Ereignis viel Positives abzulesen.Zum einen lässt sich klar erkennen, dass es oftmals gar nicht die Soldaten bzw. Kämpfenden sind, die die treibende Kraft darstellen und außerdem sich beide Seiten eigentlich sogar sehr gut verstehen könnten, stünden nicht oftmals selbsterschaffene oder eingeredete Feindbilder im Weg. Zudem wird hier die schöne Botschaft der Weihnacht deutlich: Egal wo und egal wie, man kann sich einfach zusammenfinden und zusammen feiern.

Das christliche Fest hat damals viele Menschen verbunden und Feindesgrenzen einfach überwunden. Genau das ist es woran wir und auch woanders während der Weihnachtszeit und natürlich das ganze Jahr mehr  gedacht werden könnte. Aufeinander zuzugehen und einfach zusammenzusein, egal unter welchen Umständen, ist möglich und Chancen dazu sollten ergriffen werden.







Quellen:
http://www.deutschlandfunk.de/vor-100-jahren-weihnachtsfrieden-an-der-westfront.871.de.html?dram:article_id=307089
http://www.faz.net/aktuell/politik/der-erste-weltkrieg/weihnachten-1914-im-schuetzengraben-ein-bisschen-frieden-im-ersten-welkrieg-13327096-p3.html



https://pixabay.com/de/ww1-trench-kriegsf%C3%BChrung-eine-2187095/

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